Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen?

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  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #1

Shantyman

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Hallo.
Einem Bekannten ist gestern folgendes passiert:
Er kommt aus der Werkstatt, wo ihm am Passat 35i ein neuer Auspuff angebaut wurde. Auf dem Rückweg außerhalb der Ortschaft merkt er, dass die hinteren Bremsen irgendwie nicht normal funktionieren. Er wendet, um zur Werkstatt zu fahren. Plötzlich blockiert die Feststellbremse ein hinteres Rad, weil sie sich "festgebacken" hat, reißt ihm das Heck rum und befördert ihn in den Straßengraben (knapp an einem Linienbus vorbei). Er geht daraufhin den einen Kilometer zurück zur Werkstatt, damit die ihn wieder aus dem Graben herausziehen (wäre kostenlos geschehen). Ein "hilfsbereiter" Autofahrer hat aber in der Zwischenzeit die Polizei angerufen, weil ein Auto im Graben liegt. Mein Bekannter hat 2 min nach dem "Hilfsbereiten" bei der Polizei angerufen, um zu sagen, falls sie jemand bei ihnen meldet, bräuchten sie sich nicht drum kümmern, es wäre alles in die Wege geleitet. Leider schon zu spät - die Polizei hatte bereits ein Abschleppunternehmen geordert, die das Auto aus dem Graben herauszogen.
Daraufhin musste er 100 EUR löhnen für eine Leistung, die er gar nicht haben wollte.
Nun endlich meine Frage: Musste er das denn überhaupt bezahlen, wenn er es nicht bestellt hat? Was könnte sonst noch an Stafgeldern auf ihn zukommen? Muss er das dann auch bezahlen, obwohl er die Polizei nicht gerufen hat?

Danke schon mal für eure Antworten.
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #2

knigge

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Ja, das BGB ist da eindeutig: Wer bestellt, bezahlt. So erstmal die Grundregel. Leider handhaben viele Abschlepper es einfach so, dass sie das Geld von dem kassieren wollen, den sie antreffen - ist halt der einfachere Weg, keine Wartezeiten, keine Mahnugnen etc... Rechtlich nicht ok, wenn der Auftraggeber bekannt ist!
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #3

robertmd

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Moin...


Die Regel "Wer bestellt der bezahlt" greift nicht.

Es gilt das Verursacherprinzip. Wer eine Gefahr verursacht, der haftet.

Soll heißen...bestand durch den PKW eine Gefahr im weiteren Sinne, so haftet in erster Instanz der Fahrzeugführer.

Winke

robert
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #4
armani

armani

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Das Auto lag doch schon im Graben, wen soll es da gefährden!?
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #5

robertmd

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armani schrieb:
Das Auto lag doch schon im Graben, wen soll es da gefährden!?

Moin...


Z.B. die Umwelt :eek:)

Und Gefahr im rechtlichen Sinne ist oft nicht das, was der "normale" Mensch darunter versteht.
Z.B. Ein falsch parkendes Auto ist eine Gefahr, da eine Ordnungswidrigeit begangen wird. Gefahr ist also auch die Verletzung von Gesetzen :)

Bei dem Fahrzeug im Straßengraben muss einfach mal nachgefragt werden, warum...also zu welchem Zweck der Abschleppdienst geordert wurde.

Winke

Robert
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #6

knigge

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Sorry, robertmd.

Aber das BGB sagst deutlich aus: Wer bestellt, bezahlt erstmal.
Ob dann der Gefahrenverursacher nachträglich zur Kostenerstattung herangezogen wird, hat dann wieder nichts mit dem BGB zu tun, sondern mit dem polizeirecht, das ja jeweils Länderspezifisch ist.

Du weisst ja sicherlich, dass die Inanspruchnahme eines unbeteiligten Dritten (dem Abschleppunternehmer) an enge geseztliche Grenzen gebunden und somit nicht unproblematisch ist - rein rechtlich. Dass in der Praxis schnell mal an den Haken gehangen wird, ist klar. Aber rechtlich würden viele dieser Vorgägnge den Bach runter gehen, wenns hart auf hart kommt.

Also erstmal muss der Auftraggeber -somit die Polizei- in Vorkassse treten!
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #7

AitschPi

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@knigge
--------------------------------------
BGB ist hier VÖLLIG FALSCH :!:


also:
Hier hat die Polizei gehandelt. Also Verwaltungsrecht und kein Zivilrecht!
Juristisch heißt das dann hier "Ersatzvornahme" - also die Polizei ist (nett wie die ja immer sind) nur eingeschritten, weil da ein Auto im Straßengraben stand und eine Gefahr darstellte, der Verantwortliche aber nicht daneben stand und direkt sagen konnte, dass er selbst die Gefahr beseitigen könne und auch sofort das veranlassen würde.

In einem hat knigge noch Recht: Meist bekommt man von der Polizei dann die Originalrechnung des Abschleppunternehemns zugeschickt, mit der Bitte, diese direkt zu begleichen. Das wäre dann doch BGB und ist aber nur ein freundliches Angebot der Trachtengruppe. Wenn man das nicht macht, dann müssen die in grün zwar doch das Unternehmen erstmal selbst bezahlen, dann wird aber über die Vollstreckung der Verwaltung das Geld zuzüglich Bearbeitungskosten durch die Behörde eingetrieben!
Andererseits auch nur dann, wenn die Behörde - wie es so schön juristisch heißt - "ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat". Das sollte man sich vorher überlegen.
Hat man z.B. selbst die Polizei angerufen, bevor die einen eigenen Abschleppdienst beauftragen konnten, und gesagt, dass man bereits jemanden beauftragt hat, dann wäre es fehlerhaft, wenn die zusätzlich jemanden schicken.
In der Praxis heisst das meist: "Natürlich haben wird das alles beachtet - es war aber notwendig! Erheben Sie doch Widerspruch und klagen Sie!"
Aber das kommt immer auf die kleinen Details der Story an!

AitschPi

PS: Sorry, wenn es zu juristisch war - aber da ich versucht habe, es etwas anschaulicher darzustellen, ist es auch nicht mehr 100%ig juristisch sauber! (Dann würde definitiv keiner mehr was verstehen!) :D
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #8
Einarmiger

Einarmiger

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@AitschPi, das ist nicht mehr ganz aktuell, auch bei der "Ersatzvornahme"
trägt der Auftraggeber als Erstes die Kosten nach neuester Rechtssprechung, leider wird das von vielen Abschleppunternehmen wegen der Schwierigkeit bei der Beitreibung der Kosten gerne unterlaufen bzw. es wird versucht, sich dumm zu stellen, dass sie davon nichts gewusst hätten oder das nicht kennen würden.

Wenn die Polizei bei der Ersatzvornahme das Abschleppunternehmen beauftragt hat und sich der Betroffene unmittelbar darauf bei der PI meldet, um über das Fahrzeug zu informieren, so muss die Polizei alles daran setzen, um das beauftragte Abschleppunternehmen zu erreichen, um den Auftrag rückgängig zu machen, solange durch das liegengebliebene Fahrzeug keine weitere Verkehrsbehinderung besteht und durch den Liegenbleiber kein OWi-Tatbestand erfüllt wurde.
Wenn durch die Polizei noch nicht mal eine OWi-Anzeige aufgenommen wurde, haben die beauftragenden Beamten schlechte Karten, die Erfordernisse der Ersatzvornahme nachzuweisen, und schon gar nicht, wenn sie wie hier wohl noch nicht mal vor Ort waren.
Denn es ist hier nur die Rede vom Anrufen, nicht, dass Beamte vor Ort waren.

Damit muss ich Knigge voll Recht geben.

Sollte der beauftragte Abschlepper schon das Auto abgeholt haben, darf er keinesfalls die Herausgabe ohne Bezahlung verweigern, wenn der Eigentümer das Auto abholt, da er nicht Auftraggeber war.
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #9

robertmd

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Moin moin....


Ich denke mal, um das volkommen sauber bewerten zu können, muss man mehr Infos haben.
Wie sah das Fahrzeug aus (Schaden)?
Liefen Öl o.ä. aus?
Konnte das Fahrzeug den Anschein einer Unfallflucht erwecken?
Wie stand / lag das Fahrzeug?

Erst mit diesen Infos kann man richtig beurteilen.

Wenn es wirklich so war, dass die Beamten nicht mal vor Ort waren...könnte es wirklich Probleme geben.

Vor der Kostenfrage steht ja erst mal fir Frage, ob denn das Informieren bzw. Beauftragen des Abschleppdienstes erforderlich war.
Die Geeignetheit steht sicher außer Frage :eek:)

Winke

Robert
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #10

knigge

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Isset net immer wieder schön im Bereich "Recht"?
--> Ja, et is NET schön... Ich frage mich, warum ich überhaupt noch was schreibe hier.

Ich habe mir es schon so oft vorgenommen, einfach nur noch zu lesen und heimlich daheim zu lachen, aber irgendwie denke ich dann doch immer an die Fragesteller, die ja ein Problem haben und Hilfe ersuchen.

@ Shantyman: Viel Glück für Deinen Kumpel
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #11

Shantyman

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@knigge: Danke schön. Ich stimme dir zu, es ist immer wieder interessant zu beobachten, dass sich die (selbsternannten und tatsächlichen) Fachleute (ich unterscheide hier mal ganz allgemein) untereinander auch nicht immer ganz einig sind. Ich lese bei dir so ein wenig Resignation zwischen den Zeilen, daher: Bitte schreib weiter, denn nur so kann man auch Einzelheiten klären und kleinste Irrtümer, die große Auswirkungen haben, beseitigen. Ich kann nun leider nicht entscheiden, wer von euch nun recht hat/ recht bekommt, aber im Zweifelsfall hat man dann ein paar Argumente, so dass man mit den Beamten/ dem Unternehmen diskutieren kann, damit die merken, man ist nicht so ganz naiv, wie sie es gerne hätten.
Mein Kumpel hatte die 100 EUR leider (?) treu und brav bezahlt, ich hatte mehr eigentlich zur Prophylaxe gefragt, falls mir so etwas auch passiert.

Nun noch einige Richtigstellungen (soweit ich sie beantworten kann, denn mein Kumpel hat es mir am Freitag kurz erzählt, daher konnte ich nicht so genau nachfragen): Die Polizei war vor Ort, nachdem der "Hilfsbereite" Autofahrer sie gerufen hat, trotz "Entwarnung" meines Kumpels. Das Auto ist, nachdem es im Graben lag, langsam auf das Dach gerollt (durch die Schrägneigung des Grabens), es waren zwei Seitenscheiben geborsten und die Frontscheibe gesplittert, sowie der Kotflügel eingedrückt. Der Motor war abgesoffen, der Wagen wäre wg. der Hinterachse auch nicht so einfach abschleppbar gewesen, denke ich. Ob Öl o.ä. auslief, weiß ich leider nicht. Als die Beamten eintrafen, war mein Kumpel nicht vor Ort, da er auf dem Weg zur Werkstatt war. Kann er nun wg. Unfallflucht belangt werden, obwohl er die Polizei ja informiert hatte? Ich kann aber auch noch einmal genauer nachfragen...
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #12

robertmd

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Moin moin...


Bezüglich der Meinungen...bin auch ich immer offen für neues. Keiner ist fehlerfrei und man lernt ja gern dazu.

Nach dem beschriebenen Zustand war -meiner Rechtsauffassung nach- das Bestellen und Beauftragen eines Abschleppdienstes, aus gefahrenabwehrenden Gründen absolut gerechtfertigt.

Bezüglich Unfallflucht...denke ich nicht, dass sich dein Freund da Sorgen machen muss.

Winke

Robert
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #13

AitschPi

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Ach, das mit den verschieden Meinungen stört mich nicht, es ist ja völlig normal bei Juristen (getreu dem Motto: 2 Juristen, 3 Ansichten).

Fahrerflucht: Normalerweise muss man vor Ort bleiben, um die Feststellungen zu seiner Person zu ermöglichen (hätte ja sonstwer das Auto fahren können). Aber auch straffrei geht man aus, wenn man das schnellstmöglich nachholt (so wie der Anruf). (stark vereinfacht!)

Und noch ein Tipp zum Abschleppen:
Die Polizei hat meist einen "sehr guten Kontakt" zu bestimmten Abschleppunternehmen vor Ort. Komisch ist nur, dass es meist wesentlich billiger ist, wenn ein anderer das macht. Ein Schelm, wer Böses dabei ahnt... :D
In einer Firma, die viel mit Logistik zu tun hat, habe ich mal die Faustformel gelernt: Nie die Polizei abschleppen lassen (bzw. beauftragen lassen), ein oder 2 Anrufe, am besten mit der Werkstatt, wo man hin will und die ja dann ohnehin verdient, und man hat ein günstigeres Angebot.
Und besonders wichtig: Vor Ort bleiben, den Polizisten vor Ort direkt sagen, dass man das Abschleppen auf jeden Fall selber organisiert und das gleich jemand da sein wird.

AitschPi

PS: @Einarmiger, das mit der Ersatzvornahme wird hier in NRW immer noch so angewendet, wie beschrieben. Erst letzte Woche sowas auf dem Tisch gehabt... Ich meinte nicht, knigge hat faktisch nicht recht, er liegt nur falsch, wenn man nur Zivilrecht (also BGB) annimmt, dabei aber das Verwaltungsrecht nicht sieht bzw. nicht beachtet.
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #14

knigge

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Ja, mehrere Meinungen gibbet immer im Bereich des Rechts...

Last, but not least :D

Ich lese immer nur "Fahrerflucht", also §142 StGB. Geschütztes Rechtsgut ist nach herrschender Meinung beim 142 StGB aber doch, dass dem Geschädigten sein Rechtsanspruch gegenüer demSchädiger ermöglicht werden kann (und ausnahmsweise mal nicht der Strafanspruch des Staates).

Ich konnte der o.a. Schilderung keinen anderen Geschädigten als den Verursacher an sich finden - somit dürfte keine Rechtsbeziehung mit einem Dritten (einem etwaigem Anspruchsteller) zur Debatte stehen (mal davon ausgegangen, dass der Fahrer auch der wirtschaftliche Halter ist). Folglich werden die Pflichten des §142 StGB wie Vorstellungs- oder Wartepflicht nicht ausgelöst - oder?
 
  • Abschleppwagen nicht bestellt - muss man bezahlen? Beitrag #15
Einarmiger

Einarmiger

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@Shantyman, diese Details verändern die Sachlage dann doch schon wesentlich, wie Du siehst.

@AitschPi, selbst hier innerhalb des Bundeslandes wird das unterschiedlich gehandhabt; das liegt einfach daran, der eine PD-Leiter ist aus Bayern, der Nächste aus Hessen ... verstehst Du ? :D

Andere Länder, andere Sitten. :wink:
 
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